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Das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren: eine kurze Einführung

2. Dezember 2022

Das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren hat in Deutschland große Bewandnis und trotzdem ist den meisten sein Ablauf ziemlich unbekannt. Es steht am Ende des Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fahrens und ist ein großer Eingriff in das Eigentum und die Privat­sphäre des Schuldners. Daher hat es sich auch an genaue Regeln zu halten, um diesen so gering wie möglich und in klaren Grenzen zu halten.

Dieser Rechtsrat beschäftigt sich mit dem allge­meinen Ablauf eines solchen Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahrens von Immobilien und zeigt dabei auf, welche Rechte und Pflichten Ihnen als Verfah­rens­be­tei­ligter zustehen..

 

Allge­meine Voraus­set­zungen des Zwangsversteigerungsverfahrens

Um ein Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren als Gläubiger in die Wege leiten zu können, ist es zunächst einmal von Nöten, dass die allge­meinen Vollstre­ckungs­vor­aus­set­zungen vorliegend sind: Ein Vollstre­ckungs­titel (§§704, 794 ZPO; also bspw. ein Urteil mit vollstreck­barem Inhalt, eine notarielle Grund­schuld­be­stel­lungs­ur­kunde), versehen mit einer Vollstre­ckungs­klausel (§795 ZPO) und der Zustellung beim Schuldner.

Auf Grund der Werthaf­tigkeit ist vor allem die Zwangs­voll­stre­ckung in unbeweg­liches Vermögen hervor­zu­heben (Grund­stücke); die Zwangs­voll­stre­ckung in beweg­liches Vermögen ist zwar ebenfalls eine Möglichkeit, auf Grund des Gläubi­ger­schutzes und der gerin­geren Werte jedoch auch von gerin­gerer Bedeutung.

Besonders praxis­re­levant erweist sich die Vollstre­ckung aus notariell beurkun­deten Unter­wer­fungs­ur­kunden, die sich Banken meist bereits im Zuge einer Kredit­si­cherheit (bspw. Bestellung einer Grund­schuld oder Hypothek auf einem Grund­stück) zusichern lassen und welche gem. §794 ZPO als Vollstre­ckungs­titel gilt.

Wichtig ebenfalls zu wissen: Die Zwangs­voll­stre­ckung, als auch die Zwangs­ver­stei­gerung, ist ein Partei­ver­fahren, das heißt, sämtliche Ersuche beider Parteien geschehen nur auf Antrag, was es umso wichtiger für Schuldner, als auch für Gläubiger macht, seine Rechte und Pflichten innerhalb des Verfahrens genau zu kennen. Auch das Verfahren selbst startet demnach nur auf Antrag des Gläubigers und nicht von Amtswegen.

Der sich aus dem Grund­gesetz ergebene Anspruch auf recht­liches Gehör wird nach Recht­spre­chung ausdrücklich nicht dadurch verletzt, dass der Schuldner vor Beginn des Verfahrens nicht angehört wird. Eine Vollstre­ckungs­er­in­nerung gem. §766 ZPO aus diesem Grunde, sei daher nicht begründet.

 

Exkurs: Grund­schuld als Sicherheit der darle­hens­fi­nan­zie­renden Bank

Die Finan­zierung für den Kauf einer Immobilie (Wohnung, Haus) übernimmt regel­mäßig eine Bank. Als Sicherheit dafür, dass die Bank ein Darlehen gewährt und dem Verkäufer für den Küfer den Kaufpreis bezahlt, lässt sich die Bank zu ihren Gunsten eine Grund­schuld in das Grundbuch der Kaufim­mo­bilie eintragen. Gleich­zeitig lässt sich die Bank in der notari­ellen Grund­schuld­be­stel­lungs­ur­kunde noch eine persön­liche Vollstre­ckungs­un­ter­werfung des Käufers und Darle­hens­nehmers versprechen. Im Falle, dass der Darle­hens­nehmer und Käufer das Darlehen nicht mehr bedient, hat dann die Bank die Möglichkeit, aus der einge­tra­genen Grund­schuld mithilfe der der Grund­schuld­be­stel­lungs­ur­kunde die Zwangs­ver­stei­gerung in die belastete Immobilie zu betreiben, erklärt Rechts­anwalt Sascha C. Fürstenow.

 

Vor Beginn des Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahrens: Was ist zu beachten und welche Schritte gehen voraus?

Dadurch, dass das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren eben ein Partei­ver­fahren ist, hat der Gläubiger natürlich auch nach Antrag auf Zwangs­ver­stei­gerung die Möglichkeit, dass Verfahren gem. §30 ZVG per Antrag auch wieder einzu­stellen. Dies macht insofern Sinn, als dass ein Zwangsvollstreckungs- bzw. verstei­ge­rungs­ver­fahren auch immer ein großes Druck­mittel auf den Schuldner darstellt, um diesen eventuell doch zu einer (freiwil­ligen) Zahlung zu verleiten und ein kosten­in­ten­sives, langwie­riges Verfahren zu vermeiden. Zudem erhöht es die Verhand­lungs­be­reit­schaft eines Schuldners die offenen Forde­rungen bspw. in Raten zu begleichen.

Direkt nach Anordnung des Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahrens und Zustellung des Beschlusses inkl. kurzer Rechts­be­lehrung, hat der Schuldner zwei Wochen Zeit, sich gegen das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren zu wehren, in dem er einen Antrag auf einst­weilige Einstellung (längstens 6 Monate) des Verfahrens gem. §§30a, b ZVG stellt. Dies ist der sogenannte Vollstreckungsschutzantrag.

Aller­dings hat ein solcher nur Aussicht auf Erfolg, sofern der Schuldner glaubhaft machen kann, dass er die offene Forderung innerhalb der Einstel­lungs­dauer vollständig befrie­digen kann und damit der Sinn und Zweck (Gläubi­ger­be­frie­digung) einer Zwangs­ver­stei­gerung wegfällt. Ansonsten gilt das Grund­stück anschließend gem. §§20ff. ZVG als beschlagnahmt.

Einen Antrag auf beson­deren Vollstre­ckungs­schutz gem. §765a ZPO kann man während des gesamten Verfahrens stellen, aller­dings nur, wenn die Vollstre­ckungs­maß­nahme für den Schuldner unbillig sei und gegen die guten Sitten verstoße. Hier ist immer eine genaue Einzel­fall­prüfung von Nöten!

Um das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren zu beginnen wird der Verkehrswert vom jewei­ligen Vollstre­ckungs­ge­richt per Beschluss festge­setzt. Um diesen richtig einschätzen zu können, wird in der Regel ein Wertgut­achten errichtet werden. Als Schuldner ist man aller­dings weder dazu verpflichtet an diesem mitzu­wirken noch dem bestellten Gutachter Zugang zum Objekt zu verschaffen.

Nach dem das Gericht den sogenannten Verkehrs­wert­be­schluss gesprochen hat, kann der Schuldner gegen diesen innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung sofortige Beschwerde einlegen, §74a (5) S.3 ZVG. In diesem Falle wird der Beschluss den Ausfüh­rungen des Schuldners entspre­chend geändert oder, sofern das Vollstre­ckungs­ge­richt die Beschwerde als unbegründet ansieht, der nächst­hö­heren Instanz, also dem Landge­richt, zur Entscheidung vorgelegt. Nach Ablauf der 2‑Wochen Frist und somit nach Eintritt der Rechts­kraft ist eine einfache Beschwerde gegen den Beschluss nicht mehr möglich und dieser kann nur noch unter sehr strengen Voraus­set­zungen geändert werden (offen­sicht­liche Wertän­derung etc.).

Anschließend hat der Zwangs­voll­stre­ckungs­termin offiziell veröf­fent­licht zu werden. Dies erfolgt entweder per Aushang im Gericht, per Zeitung oder elektro­nisch im Internet. Zudem muss dieser Termin auch dem Schuldner mitge­teilt werden.

In Inhalt und Form muss die Termin­be­stimmung den Ansprüchen genügen. D.h. das Grund­stück muss genau bezeichnet sein und es dürfen auch keine sonstigen Fehler gemacht worden sein. Andern­falls wäre die Veröf­fent­li­chung als fehler­hafte Veröf­fent­li­chung anfechtbar und hätte die Undurch­führ­barkeit des Verfahrens zur Folge. Auch die Fristen des Gesetzes (Veröf­fent­li­chung mind. 6 Wochen vor dem Termin gem. §43 (1) ZVG, Zustellung mind. 4 Wochen vor dem Termin gem. §43 (2) ZVG). Die Anfechtung erfolgt per Vollstre­ckungs­er­in­nerung, §766 ZPO.

Liegen alle oben beschrie­benen Voraus­set­zungen vor, (Beschlag­nahme des Grund­stücks, abgelaufene Frist oder rechts­kräftig abgelehnter Vollstre­ckungs­schutz­antrag, rechts­kräftige Festsetzung des Verkehrs­wertes und nicht angefochtene Veröf­fent­li­chung) so kann das eigent­liche Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren beginnen, so Rechts­anwalt Fürstenow.

 

Der Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens

Das Gericht in Person eines Rechts­pflegers erkundigt sich zunächst, wer von den Betei­ligten anwesend ist und gibt formelle Infos zum Grund­stück und dem bishe­rigen Verfahren wieder. Anschließend wird das sogenannte geringste Gebot, gem. §44 ZVG, mitge­teilt. Dieses setzt das Mindest­gebot für das Grund­stück fest und daher die Zuläs­sigkeit lediglich höherer Gebote. Mit dem geringsten Gebot muss die Befrie­digung der entstanden öffent­lichen Kosten, sowie eventuell weiteren einge­tra­genen, höher­ran­gigen Rechten im Grundbuch sicher­ge­stellt sein.

Zudem gibt es bei den Geboten weitere Grenzen die einzu­halten sind: Das Mindest­gebot muss immer mindestens die Hälfte des angesetzten Verkehrs­wertes des Grund­stückes erreichen (§85a ZVG), sonst wird er Zuschlag von Amtswegen versagt und ein neuer Termin angesetzt.

Zudem kann auf Antrag eines nachran­gigen Gläubigers ein Antrag (nicht von Amtswegen!) auf Versagung gestellt werden, sofern das Mindest­gebot unter 70% des Verkehrs­wertes geblieben ist und der betref­fende Gläubiger vollständig oder teilweise ausge­fallen ist, bei einer Zahlung in Höhe von 7/10 jedoch eine Zuteilung zu erwarten ist.

Gegen unwirksame Gebote kann gem. §72 (2) ZVG zudem sofortige Beschwerde einge­reicht werden.

Sollte der Zuschlag auf Grund obenste­hender Wertgrenzen versagt werden und ein neuer Termin ist von Nöten, so sind diese dort nicht mehr gültig und es gilt lediglich das geringste Gebot (gilt nicht bei Abgabe keines Gebotes im 1. Termin).

RA Fürstenow weist auf Folgendes hin: Eine einst­weilige Verfah­rens­ein­stellung gem. §30 ZVG seitens des betrei­benden Gläubigers ist weiterhin jederzeit möglich, daher kann auch anders Druck auf ein höheres Gebot aufgebaut werden oder sich noch geeinigt werden.

Eine weitere Beson­derheit ist die Erbringung einer Sicher­heits­leistung in Höhe von 10% des Verkehrs­werts. Diese muss ebenfalls nicht von Amtswegen einge­fordert werden, sondern ist auf Antrag eines Berech­tigten (alle, die von Nicht­er­füllung des Gebotes benach­teiligt wären) zu erbringen. Sie ist gem. §69 ZVG nicht mehr in Bar zulässig, sondern kann durch Überweisung oder per Check bei der Gerichts­kasse hinterlegt werden.

Sofern alle Wertgrenzen und das geringste Gebot einge­halten wurden und das Verfahren nicht einst­weilen einge­stellt wurde, erteilt das Gericht Zuschlag an den Höchst­bie­tenden. Dies kann auf Antrag entweder sofort oder in einem später angesetzten Termin geschehen. Mit Zuschlags­er­teilung wird der Höchst­bie­tende Eigen­tümer des Grundstücks.

 

Wie geht es nach dem Zwangs­ver­stei­ge­rungs­termin weiter?

Auch für und gegen den Zuschlag kann gem. §§96–104 ZVG sofortige Beschwerde von den Verfah­rens­be­tei­ligten innerhalb von 2 Wochen einge­reicht werden. Für Anwesende beginnt diese Frist sofort nach Zuschlags­er­teilung zu laufen, für nicht Anwesende erst mit Zustellung des Zuschlags­be­schlusses, §98 ZVG. Hierbei ist man jedoch an strenge Voraus­set­zungen gebunden, die sich aus dem Gesetz ergeben.

Damit der neue Eigen­tümer sein Grund­stück auch in Besitz nehmen kann, muss ihm der alte Eigen­tümer das Grund­stück entweder überlassen oder dieses muss geräumt werden. Daher gilt der Zuschlags­be­schluss auch gleich­zeitig als Vollstre­ckungs­titel. Der alte Eigen­tümer kann hiergegen gem. §765a ZPO bis spätestens vierzehn Tage vor dem Räumungs­termin Wider­spruch einlegen, wenn besondere Härte­um­stände der Räumung entgegenstehen.

 

Fazit

Das Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren ist oftmals ein langwid­riges Verfahren, bei welchem viele Dinge zu beachten sind. Gerade die recht­zeitige Ausübung zuste­hender Rechts­mittel auf der einen, als auch das Vermeiden und Erkennen von Fehlern auf der anderen Seite, stellen oftmals nicht nur für Laien eine Heraus­for­derung dar. Dieser Rechtsrat hat einige der zuste­henden Rechts­mittel und den Ablauf des Verfahrens zwar in seinen wichtigsten Punkten angeschnitten, bildet auf Grund der Komple­xität und Wichtigkeit von Einzel­fall­ent­schei­dungen jedoch nur einen kleinen Überblick.

Eine umfas­sende recht­liche Beratung und Betreuung, sofern Sie Betei­ligter eines Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fahrens sind oder werden, ist daher von entschei­dender Bedeutung. Rechts­anwalt Sascha C. Fürstenow nimmt diese sehr gerne mit Ihnen vor.

 

Der Rechtsrat wurde von dem Mitar­beiter der FÜRSTENOW Anwalts­kanzlei, Herrn Ewert, erstellt.